Am 21. Februar 2023 wurde die Berliner Tafel 30 Jahre alt. Ein guter Anlass für Erinnerungen und Überlegungen zu einer Bewegung, die in Berlin begann und mittlerweile weit über die Grenzen des Landes hinausgeht.

Ein kurzer Rückblick

Die Berliner Tafel wurde als erste Tafel Deutschlands 1993 von Sabine Werth gegründet. Anlass waren ein Vortrag der damaligen Sozialsenatorin Ingrid Stahmer über Armut in Berlin und ein Zeitungsbericht über die Organisation City Harvest in New York, die überschüssige Lebensmittel an Menschen in Not verteilt hat.

Die Initiativgruppe Berliner Frauen, deren Mitglied Sabine Werth war, hat diese Idee aufgegriffen und zunächst Obdachlose mit gesammelten Lebensmitteln aus Supermärkten und Essen aus Hotelküchen beliefert. Die Resonanz und der Bedarf in Berlin waren so groß, dass aus einer eigentlich vorübergehenden Hilfsaktion die Berliner Tafel wurde.

Der Verein hat in den ersten Jahren ausschließlich soziale Einrichtungen mit Lebensmitteln unterstützt, 2005 kam LAIB und SEELE hinzu; eine Aktion der Berliner Tafel, der Kirchen und des rbb. Seitdem können auch in mittlerweile 48 Berliner Ausgabestellen Lebensmittel an Privathaushalte bedürftiger Menschen abgegeben werden.

Sehr lange blieben die Zahlen relativ stabil: 50.000 Menschen kamen monatlich in die Ausgabestellen, 75.000 weitere Menschen hat die Berliner Tafel jeden Monat über die Belieferung sozialer Einrichtungen mit Lebensmitteln unterstützt. Dann kamen Corona, Inflation und der Krieg gegen die Ukraine.

Die vergangenen drei Jahre haben dem Verein und seinen Ehrenamtlichen sehr viel abgefordert. Lockdown hieß für die Berliner Tafel: ab März 2020 rund 175.000 Lebensmitteltüten zu packen, um sie den Kund*innen der Ausgabestellen an die Haustür zu bringen. Hygieneregeln und Abstandhalten bedeuteten: immer wieder passende Lösungen zu finden, um sowohl die Ausgaben als auch die Arbeit des Vereins auf dem Großmarkt sicherstellen zu können.

Als alle dachten, nun wird es besser, begann der Krieg gegen die Ukraine, vor dem viele Menschen auf der Flucht sind. Gleichzeitig stiegen die Preise und mit ihnen die Inflationsrate. Seitdem hat sich die Zahl der Kund*innen in den Ausgabestellen nahezu verdoppelt.

Aktuelle Zahlen

  • Die Berliner Tafel unterstützt derzeit 400 soziale Einrichtungen (Wohnheime, Obdachlosenunterkünfte, Frauenhäuser, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Drogenberatungs-stellen, Bahnhofsmission etc.) mit 92.000 Menschen/Monat
  • 48 reguläre und acht vorübergehende LAIB und SEELE-Ausgabestellen mit 75.000 - 78.000 Menschen pro Monat
  • Die Berliner Tafel verteilt rund 660 Tonnen Lebensmittel/Monat = knapp 8000 Tonnen/Jahr
  • Für die Berliner Tafel engagieren sich rund 2700 Menschen ehrenamtlich

Eine Zwischenbilanz 

Insbesondere die vergangenen drei krisenhaften Jahre haben gezeigt, wie unverzichtbar bürgerschaftliches Engagement für den Zusammenhalt und das Funktionieren einer Gesellschaft ist. Unzählige NGOs waren mitsamt ihren Ehrenamtlichen schnell zur Stelle, als es eng wurde; sei es während der Lockdowns, bei der Begleitung geflüchteter Menschen oder der Unterstützung kranker, armutsbetroffener und anderer Gruppen.

Natürlich drängt sich die Frage auf, ob das denn nicht alles staatliche Aufgaben wären. Die Antwort ist eindeutig: ja. Andererseits lebt eine Gesellschaft auch aus sich selbst heraus, aus der Mitmenschlichkeit und dem zivilgesellschaftlichen Gestaltungswillen ihrer einzelnen Mitglieder. Sie sind elementare Bestandteile einer Demokratie.

Die Berliner Tafel hat sich bereits mit ihrer Gründung gegen staatliche Fördergelder entschieden; einzige Ausnahme ist die Beantragung von Lottogeldern für den Umbau ihrer Büro- und Lagerhalle. Das Tagesgeschäft hingegen darf nicht von staatlichem Wohlwollen abhängen. Einerseits sollen keine Etats anderer sozialer Organisationen geschmälert werden. Andererseits muss die Berliner Tafel unabhängig bleiben und darf eben genau nicht in die Pflicht für originär staatliche Aufgaben genommen werden. Nur dann kann sie ihre Stimme erheben und weiterhin unbürokratisch, flexibel, pragmatisch und vor allem freiwillig handeln.

„Dreißig Jahre Berliner Tafel heißt auch 30 Jahre Unterstützung durch viele wunderbare Menschen. Sie schenken uns ihre Zeit, ihre Nächstenliebe, ihr Herzblut und ihr Geld, damit wir anderen helfen können. Das ist großartig und kann nicht genug gewürdigt werden. Das ist gelebte Mitmenschlichkeit“, sagt Sabine Werth, Gründerin und Vorsitzende der Berliner Tafel.

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